Die Fabrikhalle in unserem Konferenzraum – Einblick in die UX Expertenevaluation

Dieser Beitrag beschreibt unsere Erfahrungen und Vorgehensweise, mit einem Textilproduzenten ein geräteübergreifendes Informations- und Steuerungssystem zu konzipieren, dessen Usability vor Ort mit Nutzern zu evaluieren und behandelt die Herausforderungen von örtlich entfernt durchgeführten Expertenevaluationen.

Szenario

Bei einem Textilproduzenten sollte die papierbehaftete Dokumentation und die manuelle Konfiguration der unvernetzten Maschinen abgelöst werden. Dafür wurde ein Interaktionskonzept und klickbarer Prototyp für ein geräteübergreifendes Informations- und Steuerungssystem erstellt. In diesem Beitrag fokussieren wir uns auf die Mitarbeiter in der Fertigungsstrecke, welche durch kontextbezogene Informationen zum Auftrag, Übersicht zu anstehenden Aufträgen und einer teilautomatisierten Maschinenkonfiguration von bisherigen Fehlerquellen entlastet werden sollen. Der Mensch steht im Mittelpunkt, daher ist hier der Human Centered Design Prozess das bevorzugte iterative Vorgehen.

Erste Designentwürfe überprüfen

Die Anforderungsanalyse startete mit einer mehrtägigen Hospitation, um die Aufgaben und Mitarbeiterrollen, die Abteilungen und deren Zusammenwirken kennenzulernen. In einem Workshop mit Vertretern der betroffenen Abteilungen wurden die ersten Entwürfe mit Stift und Papier, sogenannten Wireframes, erarbeitet. Damit lassen sich erste Funktionalitäten und Interaktionen kostengünstig konzipieren und in Teilen bereits im Produktionsumfeld überprüfen.

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Eine spätere Ausbaustufe lieferte einen klickbaren Prototypen auf dem Zielgerät, der in der Produktion den fachlichen Workflow über mehrere Arbeitsplätze und Maschinen hinweg abbildet. Dieser Prototyp wurde mit einer Expertenevaluation gegen wissenschaftliche Gestaltungs- und Ergonomiekriterien evaluiert. Örtliche Ferne zum Unternehmen und der Produktion wurde überbrückt, in dem wir die Tests in unseren Konferenzräumen in Berlin durchgeführt haben und dies verlangte einen entsprechenden Testaufbau.

Simulation der Arbeitsumgebung

Um unsere Kollegin, Usability Beraterin, in den Kontext einzuführen und die realen Tätigkeiten und Umgebungseinflüsse mit Arbeitsplatzwechseln abzubilden, wurden folgende Maßnahmen umgesetzt: Zu Beginn wurden Videoaufnahmen von dem Arbeitsplatz gezeigt, um einen Überblick über die Tätigkeiten, Maschinen und Geräuschkulisse zu vermitteln. Es wurden drei separate Arbeitsplätze eingerichtet, um die geräteübergreifende Mobilität zu erfordern. Die benötigten Maschinen wurden durch Fotoausdrucke an 3D-Mock-Ups repräsentiert, wobei Details zu deren Einstellungen erkennbar waren. Als Werkstück wurde ein Stoffbündel mit Barcode-Labels versehen. Die Befestigung der Bedieneinheit an Kamerastativen sowie deren Bedienentfernung waren ähnlich dem real erprobten Konfektionsarbeitsplatz. Für das drahtlose (simulierte) Verbinden der Maschine gab es einen NFC-Chip an dem Stativ. Der Schwerpunkt lag auf dem Bedienkonzept, wobei die Maschinenanbindung und Workflow-Fortschritte für diese Usability Evaluation innerhalb von dem interaktiven Prototypen simuliert wurden. Die Abbildungen unten vermitteln einen Eindruck von dem Versuchsaufbau.

Ergebnis

Die Evaluation ergab Verbesserungsvorschläge vornehmlich bei der Darstellung: Farbkonstraste, stärker erkennbare Gruppierungen von Funktionseinheiten, Beschreibung von Maschinenzuständen… vielerlei Details, welche bei der Verwendung auf der Fertigungsstrecke die Usability erhöhen werden. Das Ergebnis zeigte jedoch auch, dass das konzipierte, geräteübergreifende Interaktionskonzept für diesen Anwendungsfall sehr geeignet war. Anstehenden Tätigkeiten und Arbeitsplatzwechsel, benötigte Informationen, teilautomatisierte Maschineneinrichtung und Unterstützung im Fehlerfall dieses vernetzten Systems wurden positiv bewertet.

Ohne Reisekosten und Produktionsunterbrechungen zu verursachen, konnte durch den gewählten Testaufbau eine kontextnahe Evaluation durch Experten umgesetzt und wertvolle Verbesserungsvorschläge für das Projekt erarbeitet werden. Diese flossen in die nächste Iteration ein.

Was bedeutet dies für Ihr Projekt?

Endanwender können besonders die fachliche Eignung beeinflussen und bewerten. Der Fokus von späteren Expertenevaluationen liegt darauf, die Usability des Prototypen noch vor dessen aufwändiger Implementierung gegen wissenschaftliche Gestaltungs- und Ergonomiekriterien zu überprüfen. Wie zu erkennen ist, können Usability-Evaluationen je nach Zielstellung entweder vor Ort oder entfernt, mit echten Anwendern oder Usability-Experten umgesetzt werden. Dieses iterative und ergänzende Vorgehen hat sich bereits in vielen Projekten bewährt.

Sie stehen vor einer Software-Einführung oder möchten einen aktuellen Zustand extern evaluieren lassen? Sie wollen Ihren Maschinenpark effizienter verwalten oder mobile Arbeitskollegen an die Geschäftssysteme anbinden?

Sprechen Sie uns an: ux@akquinet.de (Nicole Charlier, UX)

Wir freuen uns auf Sie!